Dienstag, 7. August 2012

Verriss oder Verschweigen? Wie handhabt ihr das?



Vor ein paar Tagen war es im Tessin noch sehr heiß und schwül. Bei solchen Temperaturen sitze ich gerne am Porto Patriziale von Ascona im Ristorante Vela Bianca, dessen weißes Sonnensegel man von weitem schon erkennen kann. Dort sitzt es sich angenehm, man trinkt ein Glas und schaut den Bootsfahrern zu, die ihr Boot startklar zum Ausfahren machen. Dabei hätten wir es auch bewenden lassen sollen.


Irgendwann dann doch ein Blick in die Speisekarte. Ein unmotivierter Kellner kann einem schon den Spaß verderben. Obwohl nur wenige Tische besetzt waren, liess er uns ziemlich lange warten und die professionelle Freundlichkeit wurde erst gezeigt, als es ans Bezahlen der Rechnung ging. (Doch da war bei mir das Maß schon überschritten: Ich gebe gerne und großzügig Trinkgeld, wenn wir freundlich und zuvorkommend bedient werden - andernfalls auch schon mal: NICHTS!

Ti saluto Ticino ist mein ganz persönliches kulinarisches Reisetagebuch. Restaurants, in denen wir gegessen haben, aber nicht zufrieden waren, werden hier nicht aufgeführt. Über kulinarische Entgleisungen und lieblos auf den Teller geworfene, mit Aromaten bestreute Gerichte schweige ich mich normalerweise aus.

Warum das Vela Bianca trotzdem hier erwähnt wird? Zum einen, weil wir dort auch schon früher ausgezeichnet gegessen haben und äußerst zuvorkommend bedient wurden, und zum anderen wegen dieser Daurade, die perfekt gegrillt und angenehm gewürzt war:



Gerhard hatte ein Thunfisch-Carpaccio - ein paar Scheiben Tonno mit rosa Pfeffer-Beeren, ertränkt in Olivenöl - das musste nicht unbedingt fotografiert werden.

Wie handhabt ihr das? Verriss oder Verschweigen?





18 Kommentare:

  1. Verschweigen. Wenn sich einer meiner Genussplaetze drastisch verschlechtert, wir er aus der Liste entfernt ( ohne Verriss).

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    1. So habe ich das bisher auch immer gehandhabt. Auch in meinen persönlichen, von Dir so schön genannten Genussplätzen ist nicht immer alles perfekt, doch das halte ich für völlig normal und legitim, da setze ich auch andere Massstäbe als in der zwei- oder drei Sterne-Gastronomie.

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  2. Na ja ... eigentlich bin Ich ja kein Fan von HintermBerghalten, meiner Meinung nach können Restaurantbesitzer ruhig wissen wie es um ihr Haus steht, ansonsten können sie ja nichts ändern.
    Man kann das ja ganz nett formulieren, aber trotzdem auf den Punkt bringen.
    Ich hab mich auch schon mal pers. mit einem Wirt angelegt, weil mir das Benehmen echt gegen den Strich ging.
    Immerhin ist man zahlender Gast, ich verlange keine Überschwänglichkeiten, aber Respekt.
    Ich war in Aachen im Quellenhof, 5 *, noch nie in meinem Leben wurde Ich so herablassend bedient .
    Schon beim Abendessen, ist mir fast das Essen im Hals stecken geblieben ... beim Frühstück hat es mir gereicht, dem Kellner hab ich zwei bis drei passende Worte beigedrückt.
    Die Geschäftsleitung hatte einen Tag später Post von mir im Briefkasten.

    LG Kerstin

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    1. Wenn mich etwas in einem Restaurant stört, sage ich es auch direkt und wenn mal etwas völlig daneben ist, gebe ich auch schon mal einen Teller zurück (natürlich nur, wenn ich ihn nicht schon zur Hälfte geleert habe!)

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  3. Ich fand das keine Empfehlung und das konnten meine Leser auch wissen, wenn die sich selber ein Bild machen wollen, waren sie jedenfalls nicht enttäuscht oder aber positiv überrascht

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    1. DAS was ihr da erlebt habt, war aber auch heftig und dreist. Glücklicherweise ist so etwas uns im Tessin bisher noch nicht passiert.

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  4. Verriss gleich vor Ort, ich halte mit meiner Unzufriedenheit nicht hinter'm Berg. Nur so gibt es eine Chance auf Besserung. Und Trinkgeld gebe ich wirklich nur bei Zufriedenheit, was mir aber auch schon unflätige Reaktionen eingebracht hat. Ansonsten wie Eline.

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    1. So halte ich es auch mit dem Trinkgeld. Diesmal habe ich mir auch den Restbetrag bis zum letzten Rappen herausgeben lassen. Dies müsste doch eigentlich deutlichst genug zeigen, dass man mit dem Service sehr unzufrieden war. Wobei das dann schon ein wenig ungerecht ist, denn die anderen Kollegen im Service werden dann auch mit bestraft, obwohl sie nichts dazu können.

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  5. Den Ruf eines Hauses kann innerhalb kürzester Zeit ruiniert werden. Für mich gibt es mehrere Überlegungen:
    - einmaliger Ausrutscher von der Küche (sollte nicht sein, gibt's aber)
    - hat der Kellner einen schlechten Tag erwischt (muss er trotzdem nicht an mir rauslassen).
    - vielleicht war der vorherige Gast ein Stinkstiefel (was eigentlich keine Entschuldigung ist).
    - War der Besuch im Lokal für mich wirklich dermassen schlimm, dass ich andere vorwarnen will/muss?
    - Will ich wirklich öffentlich warnen?

    Für mich gibt es einen wirklich triftigen Grund, öffentlich ein Restaurant zu verreissen. Das ist, wenn der Patron sein Personal vor den Gästen zusammenpfeift nach Strich und Faden. Da verlasse ich das Lokal - auch wenn ich vor einem vollen Teller sitze. Zahlen, den Patron darauf aufmerksam machen, dass man so eine Behandlung des Personals als zahlender Gast nicht akzeptiert, gehen und nie wieder kommen!

    Alles andere würde ich nicht öffentlich sondern direkt machen.

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    1. Ich maße mir nicht an, eine Restaurant-Kritikerin sein zu wollen, daher finden Restaurants, in denen es mir überhaupt nicht geschmeckt hat, keine Erwähnung hier. Ich werde jedoch häufig von Lesern meines Blogs per Mail gefragt, ob ich das eine oder andere Restaurant kenne. Einige sind darunter, in denen wir ein oder auch zweimal gegessen haben und in denen es uns nicht gefallen hat und ich daher nicht über einen Besuch dort berichtet habe. Sollte ich vielleicht eine neue Rubrik eröffnen, so in etwa wie: besuchte "Restaurants, in die ich nicht noch mal muss"?

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  6. Muss ich nicht mehr viel sagen.
    Ich halte es wie Schokozwerg und Eline!
    Direkt und sofort!
    :)

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    1. Direkt und sofort - das ist auch die Art, die mir liegt und mit der ich am besten umgehen kann. Wenn ich von manchen Restaurant-Gästen auf die Frage, ob es geschmeckt hat, ein "Wunderbar" höre, schüttele ich doch so heimich still und leise für mich den Kopf.
      Wobei ich, wenn ich eingeladen bin, schon immer mit meiner Meinung 'hinterm Berg' halte, denn da geht nörgeln meiner Ansicht nach überhaupt nicht und wäre einfach nur unhöflich.

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  7. Normalerweise verschweigen. Da müsste schon ganz Schlimmes passieren, damit ich drüber auch berichte. Allerdings beschwere ich mich schon direkt beim Kellner oder reklamiere, das hab ich früher nicht getan!

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    1. Wenn ich das Gefühl habe, ich könnte etwas mit meiner Beschwerde "bewegen" tue ich das auch direkt. Doch es gibt ja auch Lokalitäten, die so jenseits meiner Wellenlänge liegen, da schweige ich dann und gehe einfach nicht mehr hin.

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  8. Als Blogger sollte man auch bedenken, dass man meinungsbildend ist. Und wenn es mir mal wo nicht schmeckt, heisst das noch lange nicht, dass es anderen nicht schmeckt - das habe ich gerade wieder in einem total gelobten neu eröffneten Wirtshaus in Linz erlebt.Im persönlichen Umfeld rede ich darüber, schreiben würde ich dazu nichts - ich möchte niemandem schaden.
    Anders sehe ich krasses Fehlverhalten von Gastronomen gegenüber Personal oder unerwünschten Gästen. Darüber sollte man auch öffentlich informieren.
    Generell muss man aber sehr mit Kritik aufpassen: eine Klage hat man schneller am Hals als man "Foodblog" sagen kann.

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    1. Uns ist es auch schon einmal passiert, dass wir bis in den Restaurantraum gehört haben, wie der Küchenchef eine Servicekraft angeschrieen hat. Ich war völlig entsetzt, zumal wir den Patron bisher als netten, umgänglichen Menschen kennen gelernt haben.
      Glücklicherweise bleiben solchen Negativ-Erfahrungen die absolute Ausnahme.

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  9. Der Ton macht die Musik ...

    Ich tue beides, ich kommuniziere meine Unzufriedenheit gleich vor Ort, habe schon festgestellt, dass es den "angestellten" Kellnern/ Chef de Service egal ist, was der Gast bemängelt, denn nächstes Jahr arbeiten sie nicht mehr im Tessin!

    Bei Restaurants mit anwesendem Inhaber ist es besser, man entschuldigt sich und versucht es wieder gut zu machen. Schreiende Restaurantbesitzer kenne ich auch, das ist für mich unter aller kulinarischer Gastrowürde.

    Ich bewerte die Restaurants ebenfalls auf einem Portal und da sehe ich, dass sich die Gastronomen oft mit Antworten oder neuen "Gästeeinträgen" rechtfertigen. "Mir hat es nicht geschmeckt, "für mich war die Bedienung ... was auch immer" etc, solche persönlichen Ich-Formulierungen geben kaum Anlass für eine Klage.

    Ich bin der festen Überzeugung, dass man schlechte Restaurants nicht totschweigen soll. Das Ticino braucht gute Restaurants, alle anderen sollen sich verbessern oder verschwinden und nicht die treuen Ticinogäste vergraulen. Neben dem Image "teure Schweiz" braucht es nicht noch zusätlich "schlechte Restaurants".

    Vielen Dank für deinen tollen Blog Sabine. Grüsse aus dem Sopraceneri, Lisa

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    1. Liebe Lisa, vielen Dank für Deinen Kommentar hier. Ich freue mich, dass Dir mein Blog gefällt und dass Du hier mitliest. Da Du offensichtlich im Tessin lebst, würde ich mich über kulinarische Empfehlungen von Dir freuen.

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