Winterpause bis März 2012
Das Aerodromo ist eine bekannte Tessiner Institution, nur wir haben es erst kürzlich für uns entdeckt. Ich habe über unseren ersten Besuch im April bereits begeistert berichtet. Heute Mittag kam zu dem wunderbaren kulinarischen Erlebnis noch ein ganz besonderes Erlebnis hinzu, doch dazu später.
Einer dieser traumhaften Frühsommertage - wir sassen im Garten an einem der schönen Steintische im Halbschatten - umgeben von herrlich blühenden Azaleen und Rhododendren - das Szenario war schon mal perfekt. Wir wurden begrüsst von einem der herzlichsten Gastgeber, die ich kenne: Silvio. Zum Auftakt ein Prosecco und dazu Mini-Bruschette mit einer von der kalabrischen Schwiegermama selbst gemachten Wurst, herrlich pikant! Während wir dies geniessen, besprechen wir mit Silvio unser Menu.
Das Aerodromo ist bekannt für Spezialitäten vom Holzkohlengrill, deren Duft uns bereits bei der Ankunft begrüsst: Rindsfilet, T-Bone-Steak, Lamm-Carrée, Kalbsrücken oder -kotelette, die legendären Polli (Güggeli oder kleinen Hähnchen) mit Rosmarin, die es schon zu Lello's Zeiten gab und ausserdem als Tagesempfehlung gegrillte Seezunge oder Wolfsbarsch. Ansonsten eine schöne passende Auswahl an Vorspeisen und hausgemachter Pasta.
Es sind Hummerwochen. Nicht so ein tiefgekühltes kanadisches Exemplar, neinnein, ein frischer bretonischer und dieser als Salat, Suppe, Pasta (Tagliolini freschi spadellati all' astice con pachino e basilico all' olio del Frantoio, frische Tagliolini mit Hummer und Datteltomaten, Basilikum und Frantoio Olivenöl oder als Hauptgericht gegrillt mit schwarzem Reis und Sauce Maltaise. Ich lieeebe Hummer! Und wähle als Vorspeise Insalata Astice con Melone profumato alle menta e pepe rosso - Salat mit Hummer und Melone, in einer Pfefferminz-rosa-Pfeffer Vinaigrette.
Während wir das weitere Vorgehen besprechen, wird Monsieur Homard (es ist ja ein betronischer Hummer) an uns vorbeigetragen. Ein prachtvolles Exemplar - wunderbar anzuschauen - so schön ... hmm... ich ess' ihn trotzdem.
Zwischendurch erscheint auch Enza, die Chefin des Hauses, die mit dem Rad zum Einkaufen war, und kommt fröhlich lachend zur Begrüssung zu uns an den Tisch.
Weiter geht's mit Pollo di Terreni alla Maggia, dazu knusprige Rosmarin-Kartoffeln und als Gemüse Möhren, grüne Bohnen, frischer weisser Spargel, Blumenkohl... perfekt gegart
Mehr geht dann auch wirklich nicht, wir lehnen ein Dessert dankend ab. Silvio meint offensichtlich, dass ein bisschen immer noch geht und kommt mit einem Teller liebevoll angerichteter kleiner Käsestückchen, Birne und Erdbeere und gerade eben vom Baum auf dem Gelände neben der Flugbahn frisch gepflückter Kirschen, soooo einfach, soooo grandios!
Wir plaudern zum Abschluss ein wenig, ich frage nach dem früheren Besitzer, Lello Bianda, einer Tessiner Legende, die mit dem Flughafen von Ascona eng verknüpft ist. Silvio, der das Ristorante Aerodromo bereits seit über zehn Jahren leitet, erzählt ein wenig aus der Vergangenheit und bringt uns, von seiner Frau Enza liebevoll in einem Album zusammen getragene Erinnerungsfotos, Autogramme, Widmungen, Gästebuch-Einträge, damalige Berühmtheiten, die auch heute noch unvergessen sind.
Die Existenz des Aerodromo geht auf Lello (Emanuele) Bianda zurück, der ackerte das Flussbett zum Flugfeld um, baute aus seinem Wohnhaus ein Hotel und den Hühnerstall zur Gaststätte um.
Silvio berichtet, dass die Flugbahn zu Lellos Zeiten eine Schotterpiste war und erst durch Finanzierung des Hamburger Besitzers von Grossdruckereien Richard Gruner zur betonierten Piste wurde. Dieser bewohnte eine Villa in Ronco sopra Ascona und wollte mit seinem Privatflugzeug eine "richtige" Landebahn, die sich Lello damals nicht leisten konnte, wohl aber Herr Gruner. So kam es zu der Landungspiste, wie sie heute noch zu sehen ist.
Jeder, der zu früheren Zeiten im Aerodromo gegessen hat, schwärmt von dem berühmten Pollo, dem mit Rosmarin gegrillten Hähnchen. Silvio bringt uns ein kleines, in Leder eingebundenes Buch:
"Nostalgia", wie seine Frau Enza einwirft. Zu Lellos Zeiten wurde genau Buch geführt über jedes gegessene Güggeli. Das erinnert mich an die berühmte Ente im Pariser Restaurant "Le Tour d'Argent" Doch bei Lello gab es jedes Hundertste Güggeli, das "Zero Zero", gratis. Und eines dieser berühmten Polli-Bücher durften wir in Händen halten.... Hier ein kleiner Auszug der vielen interessanten Einträge und Zeichnungen - ab 1959!!!
Ein herrlicher Tag! Wundervolle, herzliche Gastgeber, ein traumhaftes Ambiente, perfekt gelungenes Essen - ich freue mich schon auf das nächste Mal.
Mille grazie Enza e Silvio!
Mein Vater hat auch einmal das Glück mit dem hundertsten Güggeli gehabt - auch er ist im Buch verewigt ;-)
AntwortenLöschenIch habe so viele Erinnerungen an das alte Lokal... An Scampi vom Holzgrill oder Mixed Grill mit lauter Köstlichkeiten, die peu à peu nacheinander serviert wurden, aber auch an den Kicker, an dem wir als Kinder viel gespielt haben (unsere Eltern waren wahrscheinlich froh, dass sie mal ihre Ruhe hatten ;-))
Dann habe ich hiermit ja Kindheitserinnerungen bei Dir wachgerufen - das freut mich. Weisst Du noch ungefähr, wann Dein Vater das "Zero Zero-Güggeli" hatte? Wir hielten das fünfte Polli-Buch in Händen mit Einträgen, die 1959/1960 begannen...
AntwortenLöschenUns hat Silvio das Buch auch mal gezeigt, er ist ja sehr kommunikativ :-) Ich schätze, das dürfte das Richtige sein - Anfang der 60er wurde meinen Eltern das Ferienhaus zum Kauf angeboten, das sie schon einige Jahre vorher für die Sommerferien gemietet hatten. Und an das Güggeli erinnere ich mich noch schwach, die Nummer stand auf den weißen Manschetten, die das Huhn trug.
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