Vorsicht! Laaanger Bericht! Aber solche Genussplätze kann ich nicht in ein paar Worten abhandeln. Holt euch zuerst ein Glas Wein. Habt ihr? Dann lehnt euch jetzt gemütlich zurück und lest mit mir in Ruhe meine Schwärmereien über die kulinarischen Genüsse, die ich hier erleben durfte.
Dies war im Tessin einer der ersten traumhaften Abende, an denen man auf der Terrasse essen und vor allem bei wundervoll klarem Sternenhimmel bis spät abends draussen sitzen konnte.
Solche zauberhaften Momente lassen sich im Hotel Eden Roc erleben. Alle drei, bzw. wenn man das Marina mitzählt, alle vier Restaurants, haben einen herrlichen Blick auf den Lago Maggiore, alle stehen ganz weit oben auf meiner privaten Liste der Lieblings-Genussplätze. Über das La Casetta, das kleine Haus am See, habe ich schon erzählt (u.a. klick hier), auch vom Marina habe ich schon begeistert berichtet (klick hier und dann nochmal hier)
Seit 2014 ist Salvatore Frequente Küchenchef im La Brezza. Der gebürtige Sizilianer schwingt ebenfalls im Marina und im schönen Haus am See La Casetta das Küchenzepter. Er wurde im Gault-Millau zum Aufsteiger des Jahres 2015 gekürt und mit 17 Punkten ausgezeichnet.
Auch ein Küchenchef muss nicht immer anwesend sein. Freie Tage, Urlaub, auswärtiges Kochen und/oder die Entgegennahme von Auszeichnungen hindern ihn manchmal daran, in der eigenen Küche zu stehen. Dafür, dass dies bei seinen Gästen unbemerkt bleibt, braucht er einen guten Sous-Chef. Der Signore, der seinem Chef den Rücken frei hält, heisst im La Brezza Marcel Laversa. Warum ich das weiss und warum ich das trotzdem bemerkt habe? Ich durfte sehr zu meiner Freude einen Besuch in der Küche machen.
Von Marcel Laversa werden wir sicherlich noch Einiges hören - ich freue mich darauf.
Doch nun wollt ihr sicherlich wissen, was ich an diesem zauberhaften Abend geniessen durfte:
Unser Menu startet mit diesem Amuse: Jakobsmuschel/Zitrone
Und nun? Was ist jetzt los? Ein Himbeertörtchen? Sind wir schon beim Dessert?
Oh, nein, diese grandiose Création besteht aus Foie Gras und Himbeercoulis, mit einem Schokoladenmantel überzogen und einer kleinen Nocke aus cremigem Foie Gras(?)-Eis.
Es geht weiter mit Paccheri in einer herrlich aromatischen Meeresfrüchtesauce
Das nächste Highlight: Polenta Espuma, confiertes Bio-Eigelb, Petersiliencreme, Kalbsbries - ein faszinierendes Geschmackserlebnis und auch hier begeisterte mich wieder die geschmackliche Intensitität und das Spiel mit den unterschiedlichen Texturen.
Als nächster Gang der Fisch - Auch bei diesem Gericht schmeckt man, dass hier ein Saucier am Werk ist, der sein Handwerk versteht:
Schwarzer Kabeljau/Zucchetti/Kutteln/Schalotten. Ja? Wo ist er denn, der Fisch? Komplett und mit Genuss aufgegessen, das ist sicher. Aber wo ist das Foto? Das fiel sicherlich der Gier der Fotografin zum Opfer...
Weniger gierig mache ich mich dann später allerdings über das Dessert her - ich bin nunmal keine Süssschnute, das ist ja meinen Lesern mittlerweile bekannt.
Der unwiderstehlichen Charme-Offensive des Maître bin aber selbst ich nicht gewachsen. Wir lassen uns von ihm zu wenigstens einem Dessert (mit zwei Löffeln) überreden. Von seinem Erfolg ermutigt, gelingt es ihm sogar, uns auch noch das Pre-Dessert in Form eines Mini-Cheesecakes "ganz dezent" ebenfalls schmackhaft zu machen.
Wir kämpfen uns heroisch durch das Ricotta-Soufflée mit Joghurteis und Pfirsichsauce und legen anschliessend erleichtert und stolz die Löffel ab - um dann zu sehen, dass es erbarmungslos weitergehen soll - der Wagen mit den Trüffeln, Macarons und ich-weiss-nicht-was-alles, die dekorativ in grossen Bonbonière-Gläsern präsentiert werden, rückt unaufhaltsam und bedrohlich näher an unseren Tisch heran.
Glücklicherweise naht Rettung in Form des Hoteldirektors Herrn Schälli. Nicht ganz uneigennützig und dabei völlig ohne Hintergedanken laden wir ihn ein, uns noch ein wenig Gesellschaft zu leisten und lenken somit ganz geschickt die Aufmerksamkeit des Service von uns ab. Herr Schälli muss, ob er will oder nicht, zur Ehrenrettung unseres Tisches beitragen und ein paar der sicherlich köstlichen süssen Teile aus den Bonbonnièren verspeisen. Diese schwere Aufgabe erledigt er eines Hoteldirektors würdig mit seiner unnachahmlichen Nonchalance.
Fazit: Ihr merkt es sicherlich an meinem Schwärmen - dies ist einer der Genussplätze - einer meiner Lieblings-Genussplätze - ein Wohlfühlort, an dem sowohl Essen als auch Ambiente und ein wunderbar unprätentiöser Service dazu beitragen, dass ich da möglichst schnell wieder hin muss.