Osteria
Ul Furmighin, Sagno, Valle di Muggio
Tel. 091 682 01 75, Ruhetag Dienstag, zwei Wochen im Januar geschlossen, im Februar nur am Wochenende geöffnet
Achtung: Lang!
Holt euch doch am besten ein Glas Wein und kommt dann wieder gemütlich hierher vor den PC.
Normalerweise ist
Katha von esskultur berühmt für ihre langen Beiträge, doch heute muss hier auch mal ein bisschen mehr gesagt werden ;-)
Das Valle di Muggio ist die Heimat des
Zincarlìn, einer ganz besonderen pfeffrigen Käsespezialität, über die ich auch schon mal ausführlich berichtet habe
klick hier. Schon alleine deswegen lohnt sich die Fahrt in den südlichsten Zipfel des Tessins - und außerdem sooo weit ist es auch nicht, wir sind vom Gambarogno aus in einer knappen Stunde da gewesen, wer im Luganese wohnt, hat es noch kürzer, von der Autobahnausfahrt Mendrisio fährt man gerade mal 10 Minuten bis in das schöne Dorf Sagno.
Hier einige Impressionen vom Valle di Muggio und vom schönen Dorf Sagno:
Ein Tagesausflug ins Valle di Muggio ist nicht nur wegen des Zincarlìn lohnenswert, sondern auch wegen seiner landschaftlichen Schönheit. Das Dorf Sagno liegt ca. 700 m hoch auf einem Hügel in sehr ruhiger Lage. Von hier aus hat man einen Traumblick auf den Comer See und die Poebene; bei Föhn kann man sogar
die "Madonnina", die vergoldete Madonnenstatue des Mailänder Doms erkennen.
Ein weiterer Grund, sich ins Valle di Muggio aufzumachen, ist die Osteria Ul Furmighin. Und die hat eine besondere Geschichte.
Ihr wisst, "Ti saluto Ticino" ist ein werbefreier Blog und wird es auch bleiben. Ich schreibe ausschliesslich über unsere ganz persönlichen kulinarischen Erlebnisse während unserer Ferienaufenthalte im Tessin. Doch diesmal mache ich Werbung, ganz bewusst und ganz direkt und gänzlich ungeniert: für die Osteria Ul Furmighin, denn dahinter steckt diese grandiose Geschichte.
In Sagno, diesem kleinen Dorf nicht weit von der italienischen Grenze entfernt, schlossen nach und nach sämtliche öffentliche Einrichtungen, es gab keine Post mehr und zum Jahresende 1993 schloss auch noch der einzige Lebensmittelladen des Dorfes. Bevor aus Sagno ein Geisterdorf werden konnte, ergriffen einige Einwohner die Initiative und gründeten die Genossenschaft "Ul Furmighin" - die kleine Ameise. Im ehemaligen Pfarrhaus entstanden ein Restaurant und ein kleiner Laden, der täglich vormittags für ein paar Stunden geöffnet hat. Das erlaubt den Einwohnern, besonders auch den Älteren, die oft nicht über ein Auto verfügen, frische Lebensmittel und Artikel für den täglichen Bedarf einzukaufen. Die kleine Ameise hat ein Dorf gerettet!
Hinter der "kleinen Ameise" steckt nicht nur eine grandiose Idee, sondern auch eine grandiose Köchin, die uns sofort mit ihrer Herzlichkeit erobert hat: Anna Biffi. Sie führt diese Osteria und seitdem wird "Ul Furmighin" auch im Slow Food Führer "Osteria d'Italia" empfohlen, was für uns immer eine zuverlässige Quelle ist.
In dieser Osteria legt man großen Wert auf traditionelle Tessiner Gerichte, so findet man z.B. Brasato al Merlot oder Kaninchen mit Polenta meistens auf der Karte. Gerhard, der ein großer Fan von Brasato ist, aber eine ebenso große Abneigung gegen Polenta hat, bekommt als Beilage Tagliatelle serviert.
Heute gibt es außerdem noch frisch gemachte Lasagne, entweder mit Fleischsauce oder aber auch mit Gemüse, da fällt mir die Wahl nicht schwer:
Davor ein gemischter Salat und danach noch das obligatorische Schokoladeneis (hausgemacht!) für Gerhard (GSS: 8,5) und zum Abschluss Espressi. Wir sind höchst zufrieden.
Im Ul Furmighin wird - wie es eigentlich überall sein sollte - der Jahreszeit angepasst gekocht. Im Sommer viele leichte Gerichte, vieles mit frischen Gemüsen oder Wildkräutern, Signora Biffi macht selbstverständlich ihre Kartoffel-Gnocchi und Ravioli frisch und hier sind auch die Desserts und Kuchen hausgemacht.
Wenn es draußen kälter wird, zieht man sich in den schönen Raum mit dem großen Kamin und einem riesigen Holztisch davor zurück und geniesst die herbstlichen Gerichte, für die das Ul Furmighin berühmt ist: Die Kastaniensuppe mit Pilzen, das frisch gebratene knusprige Spanferkel und das Wildschweinragout. Hier kann man noch vieles Ursprüngliche finden, was anderswo von den Speisekarten im Tessin verschwunden ist. Auch Froschschenkel gibt es, nicht aus dubiosen Quellen tiefgekühlt von irgendwo, sondern von einem Zuchtbetrieb aus der französischen Schweiz frisch angeliefert und mit Kräutern und Knoblauch zubereitet. Dies gibt es ebenso wie die Schnecken nur auf Vorbestellung.
Die Weinkarte ist nicht groß, hat aber schöne Weissweine verzeichnet, sogar den biologisch ausgebauten Weisswein von Chiesa und unter den Tessiner Rotweinen einige interessante Tropfen. Wir wählten für mittags einen leichten Rosato aus Merlottrauben von Fumagelli aus Balerna
und abschliessend noch einen Grappa für den signore und einen hausgemachten Lorbeer-Digestif für die signora ... hmmmm, den muss ich nochmal trinken!
Hier wird Gastfreundschaft und Herzlichkeit noch gelebt, kann man diesem Lachen widerstehen?
Fazit: Ich muss da wieder hin! Alle anderen, die im Tessin sind oder noch kommen werden, müssen da auch mal unbedingt hin!